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Kapitel 61: Die erste Hürde

  Aufgrund der irritierten Blicke führe ich meine rein rhetorische Frage weiter aus. Wie zu erwarten, erhalte ich aber als Antwort nur betretenes Schweigen. “Was musst du sonst noch erledigen?”, fragt Marco gelassen. Auch nachdem ich der Gruppe in wenigen S?tzen meine Aufgaben erkl?rt habe, l?sst sich der Bogenschütze nicht aus der Ruhe bringen. “Ehrlicherweise h?tte es dich schlechter treffen k?nnen”, bemerkt er trocken. “überraschend finde ich vor allem, dass du dich nicht mit Rang 2 Kreaturen anlegen musst”, wirft Paul ein. “Und was sind dann bitte die Ameisen für dich?”, frage ich leicht gereizt. “Du sollst lediglich mit ihnen reden und sie nicht bek?mpfen.” Klar, mal kurz in das Zentrum des Wimmerwaldes vorsto?en für einen kleinen Plausch. Vielleicht schaue ich bei der Gelegenheit auch gleich noch bei den restlichen Bewohnern des Irrenhauses vorbei um herauszufinden, wo der Schuh drückt. Vor allem die Ritterspinnen wirkten auf mich wie Lebewesen mit enormem Gespr?chsbedarf.

  Statt meinen Frust aber Luft zu machen, behalte ich meine Gedanken lieber für mich. Die Abenteurer sind schlie?lich nicht hier, um auf mir rumzuhacken. “Ihr habt also damit gerechnet, dass meine Aufgaben noch schwerer sind?” “Diese Situation ist für uns genauso sonderbar wie für dich. Wir sind deshalb davon ausgegangen, dass dich im schlimmsten Fall so etwas wie abgeschw?chte Versionen von Aufstiegsmissionen für den dritten Rang erwarten. Eine Aufgabe um Rang 2 Kreaturen zu erlegen, erschien uns deshalb recht plausibel”, erkl?rt Maria. Ich lasse mir ihre Worte durch den Kopf gehen und nicke schlie?lich zustimmend.

  Marco nutzt den Moment der Stille, um das Gespr?ch wieder in die richtige Bahn zu lenken: “Die Sache mit den Ameisen ist erst einmal nebens?chlich. Wenn du “Zaubern will gelernt sein” nicht in 40 Tagen abschlie?t, ist der Rest sowieso hinf?llig. Also, was sind deine Gedanken zu dieser Mission?” “Aufgabe 1 sollte sich im Verlauf der restlichen Auftr?ge von selbst erledigen. Die zweite Herausforderung h?rt sich ebenfalls nicht besonders schwierig an. Zw?lf Manabolzen am Stück zu zaubern war keine gro?e Nummer. Mit meinen aktuellen Fertigkeiten k?nnte das aber anders aussehen. Ohne es vorher probiert zu haben, bin ich trotzdem zuversichtlich, die Herausforderung in vierzig Tagen abhaken zu k?nnen. Aufgabe 3 erscheint mir jedoch unm?glich für einen Rang 1 Magier zu sein.” “Von wie viel Mana reden wir hier genau?”, fragt Paul. “Wenn ich etwas zu Schreiben kriege, k?nnen wir das gerne gemeinsam herausfinden.”

  Ein Rindenschild zu erschaffen kostet mich 40 Mana. Um den Zauber aufrechtzuerhalten, sind aller 9 Sekunden weitere 4 Mana vonn?ten. Macht rund 28 Mana pro Minute. Auf eine Stunde hochgerechnet sind wir damit schon bei knackigen 1.720 und insgesamt dann 10.120 ben?tigtem Mana. Zugegebenerma?en werde ich wohl unter Berücksichtigung meiner Regeneration und der groben Rechnung im Endeffekt bei einer vierstelligen Summe bleiben. Trotzdem schüttelt selbst ein Rang 2 Magier des h?chsten Levels solch eine Wert nicht einfach aus dem ?rmel.

  Verzauberte Gegenst?nde werden mir hier nur bedingt weiterhelfen k?nnen. Die wesentlich effizientere L?sung sind sehr, sehr viele Manatr?nke. Die Phiolen, welche man in Torfbergen erwerben kann, kosten zwischen 400 und 600 Sil. Je nach Qualit?t stellt das Zeug bis zu 205 Mana wieder her. Alleine für den erfolgreichen Versuch brauche ich also etwa 50 Tr?nke, für die ich wiederum schlappe 30.000 Sil auf den Tisch legen muss!

  Neben dem offensichtlichen, finanziellen Problem gibt es noch das Biologische. Manatr?nke schmecken zwar scheu?lich, sind aber im Normalfall harmlos. Extremer Konsum hingegen führt zu einer Manavergiftung, welche einen wochenlang nieder strecken kann. Selbst wenn wir diese beiden Probleme ausklammern, gilt es immer noch einen Zauber sechs Stunden lang aufrechtzuerhalten. Bei meinen bisherigen übungen habe ich aber Rindenschild nie l?nger als fünf Minuten am Stück genutzt. Hier von einer Herausforderung zu sprechen, w?re eine ziemliche Untertreibung.

  “Um die finanziellen Mittel brauchst du dir keine Gedanken machen”, meint Marco. “Die Sira-Gilde wird alle Kosten vorl?ufig für dich übernehmen.” Ich schaue den Bogenschützen mit gro?en Augen an. “Was? Im Gegensatz zu dir war mir bereits nach unserem ersten Treffen klar, dass dein weiterer Weg gewisse Mittel erfordern wird. Solche Vereinbarungen gibt es in den meisten Gilden und sind einer der Hauptgründe, wieso sich Abenteurer überhaupt so einer Organisation unterordnen. Ein paar Verpflichtungen zu haben ist immer noch besser als gar nicht seine Rangaufstiegsmissionen beginnen zu k?nnen oder noch schlimmer, sich die erforderlichen Sil bei zweifelhaften Leuten leihen zu müssen. Deine Auftr?ge werden zwar ein ordentliches Loch in die Gildenkassen rei?en, aber was will man machen? Selbstverst?ndlich wirst du sp?ter deine Schulden begleichen müssen. Darüber k?nnen wir jedoch sprechen, wenn du es in den zweiten Rang geschafft hast.”

  Fassungslos starre ich den Anführer der Sira-Gilde an. Solch eine Offenbarung ?ndert natürlich einiges. “Wir sollten versuchen, eine gro?e Menge naturverbundener Manatr?nke zu beschaffen”, bemerkt Maria nachdenklich. “Und was genau ist der Unterschied zu der herk?mmlichen Variante?”, frage ich neugierig. “Sie reduzieren die Kosten von Natur-Fertigkeiten”, erkl?rt Marco. “Au?erdem sind elementare Tr?nke besser bek?mmlich. Was für den normalen Abenteurer absolute Geldverschwendung ist, k?nnte dich vor dem schlimmsten Brechreiz deines Lebens bewahren.” “Und in welchem Gesch?ft finden wir dieses Wundermittel?”, frage ich.

  The tale has been stolen; if detected on Amazon, report the violation.

  “In Torfbergen kannst du es knicken an solche Ware zu kommen”, bemerkt der Bogenschütze trocken. “Bereits ein einfacher Heiltrank bringt die Handvoll unserer Alchemisten hier bereits an ihre Grenzen. Für so etwas müssen wir uns schon in Turbingen umsehen. Da wir offensichtlich keine zehn Wochen für die Hin- und Rückreise haben, werde ich mich pers?nlich um die Tr?nke kümmern. Wenn das Wetter mitspielt, bin ich in zwei Wochen wieder hier. Maria, h?ndige Torben in der Zwischenzeit unsere restlichen Phiolen aus. Falls ihr in meiner Abwesenheit Nachschub brauchen solltet, so kauft bitte diskret ein. Wenn die Leute mitkriegen, dass wir im gro?en Stil Manatr?nke kaufen, werden einige hohe Tiere unruhig werden. Ich würde jedoch bevorzugen, wenn wir in den n?chsten Monaten ein wenig unter dem Radar bleiben k?nnten.

  Paul, du informierst dich darüber, wann der n?chste gro?e Marsch in den Wimmerwald stattfindet. Ich will vier sichere Pl?tze in der Kolonne haben. H?r dich einmal bei unseren Kontakten bezüglich der Ameisen um. Vielleicht kennt ja jemand einen, der uns in Hinblick auf die zweite Aufgabe weiterhelfen kann.

  Torben, du fokussierst dich voll und ganz auf deine Aufgaben. Wenn ich mitbekomme, dass du faulenzt binde ich dich an eine Zielscheibe und lasse ein paar der Jungs mit verbundenen Augen auf dich schie?en. Es w?re doch gelacht, wenn der “Bezwinger der Hexe” schon an seiner ersten Rangaufstiegsmission scheitern würde.”

  In den frühen Morgenstunden des n?chsten Tages macht sich Marco auf den Weg nach Turbingen. Vierzehn Tage erscheinen mir arg wenig für solch eine Strecke. Allerdings kann ich auch nicht fliegen. Wenn der Anführer der Sira-Gilde also meint, dass er in zwei Wochen wieder da ist, dann wird das wohl auch so sein.

  Im Verlauf der n?chsten drei Tage stelle ich frustriert fest, dass die zweite Aufgabe der Mission nicht so einfach ist wie ursprünglich angenommen. Um fünfzehn Zauber am Stück zaubern zu k?nnen, muss ich zwei Manatr?nke zu mir nehmen. Das System nimmt jedoch bei der Formulierung “am Stück” keine Gefangenen. Entweder du zauberst, oder eben halt nicht. Eine Fertigkeit aber zu wirken, w?hrend man gerade eine Brechreiz erregende Substanz konsumiert, ist eine Kunst für sich. Am Ende des dritten Tages habe ich bereits 34 Manatr?nke verbraucht, ohne auch nur einen Schritt weitergekommen zu sein.

  Tag sechs, Versuch Nummer vier und ich zaubere Steintannenzapfen im Rekordtempo. Von geschmackvollem Essen habe ich mich an diesen Punkt bereits verabschiedet. Ein Fakt, welcher sich nicht besonders positiv auf meine Moral auswirkt. Dennoch versuche ich mein Bestes zu geben. Beide Manatr?nke stehen bereits entkorkt vor mir und warten nur auf ihren Einsatz. Obwohl Rindenschild die günstigere Fertigkeit ist, kann ich sie für diese Art von Aufgabe leider nicht nutzen. Bei mehr als drei bestehenden Schildern brechen alle Zauber in sich zusammen und ich bekomme in Folge dessen massive Kopfschmerzen. Zwei solcher Versuche haben ausgereicht, um mir zu zeigen, dass ich es wahrscheinlich lieber mit einer anderen Fertigkeit probieren sollte.

  Mit geübten Fingern greife ich nach der Phiole und stürze den Inhalt hinunter. Acht, neun, zehn und nochmal das gleiche Spiel, vierzehn, fünfzehn. Ich rufe umgehend die Mission auf.

  Wieder nichts! Dabei hat sich der Versuch echt gut angefühlt. Eifrig schnappe ich mir die n?chsten Manatr?nke und probiere es gleich noch einmal. Am n?chsten Tag bereue ich meine gestrige Euphorie. Mein Status zeigt zwar keine Vergiftung an, aber mir ist so schlecht, dass ich einen gro?en Teil des Tages im Bett verbringe.

  Tag acht beginne ich zuversichtlich. Solange ich meinen K?rper besser unter Kontrolle kriege, ist die Aufgabe keine gro?e Sache. Nach ein paar Atemübungen startet der erste Versuch. Hochkonzentriert wirke ich meine Zauber, greife im perfekten Moment nach den Tr?nken und ?ffne angespannt das Missionsfenster.

  “JA MANN!”, schreie ich erl?st aus voller Kehle. Wurde auch verdammt nochmal Zeit! Die restlichen Bewohner werden sich vermutlich wundern, was dieser L?rm so früh am Morgen soll, aber das ist mir im Moment herzlichst egal. Selbst einen kleinen Freudentanz kann ich mir nicht verkneifen. Ein paar Minuten sp?ter habe ich mich wieder beruhigt. Jetzt wo ich den “einfachen” Teil erledigt habe, kann die eigentliche Herausforderung beginnen.

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