Als Elyon Dilek durch den unterirdischen Geheimgang führte, hatte sich ihr Magen immer noch nicht beruhigt. Sie drückte mit einem Arm gegen die Bauchdecke, w?hrend sie ihre Schritte z?hlte. Es war stockfinster im Gang. Da es keine Lichtsch?chte gab, noch Fackeln an den W?nden.
Als sie knapp sechzig Schritte gez?hlt hatte, fühlte sie mit ihrer Hand nach der linken Wand und als diese ins Leere rutschte, bog sie in den Gang ein, der sie zu den obersten Stockwerken bringen würde, wo die Zimmer der k?niglichen Familie lagen.
Wieder fühlte sie mit ihrer Hand in der Dunkelheit, bis sie die Treppenstufen berührte. Elyon atmete tief ein und begann die Treppe zu erklimmen. Ihr Atem ging mit jeder Stufe schwerer und sie zitterte wegen der nassen Kleidung und der kühlen Steinmauer, die das Treppenhaus umgab. Doch sie h?tte auch ohne die K?lte gezittert.
Mit einem schweren Schluck stellte Elyon sich auf die letzte Stufe, legte die Hand um den Türring, dann drückte sie ein Ohr an das raue Holz und horchte.
?Es ist keiner da?, wisperte Dilek.
Elyon vertraute seinem Drachengeh?r, zog vorsichtig die Tür auf und sp?hte in den Gang. Keine Schritte waren auf den weichen Teppichen zu h?ren. Der Flur lag ruhig und verlassen da, eingehüllt in Dunkelheit, die gerade von einem Blitz unterbrochen wurde und seltsame Schatten durch die Blumenstr?u?e auf den Boden warfen, welche auf kleinen Tischen entlang der Wand verteilt standen. Dann wurde es wieder dunkel. Keine einzige Lampe, die über ihrem Kopf an den W?nden befestigt waren, hatte man angezündet. Die meisten Burgeinwohner, mussten bereits am Hafen sein, um mit Hilfe der Schiffe von den Inseln zu flüchten.
Elyon betrat den weichen Teppich, ohne den Flur zu ihrer Linken aus den Augen zu lassen. Am anderen Ende befand sich nur ein Fenster, wo das blitzende Licht in weiten Abst?nden hereinschien. Sie ging ein paar Schritte, doch Dilek folgte ihr nicht. Er war gerade damit besch?ftigt, seinen Umhang wie ein Oberteil um seinen Oberk?rper festzubinden, dann sprang er hoch an die Decke und krallte sich dort fest.
?Ich folge Euch von oben?, wisperte er.
Elyon zog ihr Schwert und schlich zum n?chsten Quergang vor, wo die Bibliothek lag und nicht weit davon, wieder links, das Arbeitszimmer ihres Vaters.
Als sie dort ankam und sich neben eine hohe Topfpflanze kauerte, h?rte sie ein Poltern aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters. Es konnte nur er sein. Sie erkannte den stampfenden Rhythmus seiner Schritte. Erneut hellte ein Blitz durch die Fensterscheiben den Gang, w?hrend Elyon sich mit gezogenem Schwert der Tür n?herte.
Dann brachten ein Donner, gefolgt von einem Brüllen den Boden zum Zittern, die Tür wurde aufgerissen und ein dunkelhaariger Mann kam schnaufend aus dem Zimmer gestürzt.
Dunkle Augen trafen Elyons Blick und das Schwert fiel aus ihrer Hand. Ihr Magen rutschte in die Tiefe, gleichzeitig presste Elyon sich zurück an die Wand und stie? dabei eine Vase um.
?Du? Was machst du-? Ein gro?er Schatten fiel auf K?nig Elyon und warf ihn zu Boden. Die Taschen, die er in den H?nden gehalten hatte, wurden davon geschleudert. Ihr Vater versuchte ?chzend seinen Kopf zu heben, doch Dilek drückte mit seinem Fu? ihn sofort zurück in den dunklen Teppich. Dann schnappte sich der Blonde die Handgelenke des K?nigs, um sie hinter dem Rücken zu verschr?nken.
?Lass mich los! Das ist ein Befehl!?, grunzte ihr Vater, immer noch etwas benommen.
?Ich nehme keine Befehle von abtrünnigen K?nigen an, die die Verlobte meines Herrn misshandeln?, zischte Dilek. Sofort h?rte der K?nig auf sich in Dileks Griff zu winden.
?Was zum ... wer seid Ihr?!?
Elyon stand die ganze Zeit eingefroren an der Wand und schaffte es kaum einen Atemzug zu nehmen. Alte Bilder stiegen in ihr hoch und ein schmerzhaftes Prickeln fuhr durch die Narben, die sich, dank Elyons Vater, an ihrem ganzen K?rper in den letzten Jahren gebildet hatten.
Dilek zog fester an den Handgelenken des K?nigs und dieser st?hnte vor Schmerzen auf.
?Ich stelle hier die Fragen. Wir suchen nach der Besitzurkunde H?hentals.?
Ihr Vater begann wieder sich zu winden.
?Ich wei? nicht, wovon Ihr sprecht!?
Dilek packte die Handgelenke des Herrschers mit einer Hand und drückte sein Knie fester in den breiten Rücken am Boden. Die freie Hand hielt er Elyon hin.
?Das Schwert. Schnell.?
Mit zitternden Knien, zwang Elyon sich zu bücken und schob ihm das Schwert zu. Die Klinge in der Hand, lie? Dilek die Handgelenke ihres Vaters los und packte den K?nig sofort an den langen, schwarzen Haaren, zog ihm vom Boden hoch und legte das Schwert an seiner Kehle.
?Ich habe keine Zeit für Eure Ausreden. Spuckt es aus, sofort!?
Ein lautes Brüllen übert?nte die Antwort des K?nigs und ein Beben fuhr durch den Holzboden.
?Lasst mich frei! Ich muss zum Hafen!?, brüllte ihr Vater. Die Panik in seiner Stimme, l?ste etwas von dem Druck in Elyons Kehle und sie schaffte es endlich, auf die beiden zuzugehen. Dennoch hielt sie etwas Abstand, um au?er Reichweite ihres Vaters zu sein.
?H?hental steht angeblich im Besitz Eurer Familie und es gibt eine Urkunde, die das beweist. Wo ist sie??
Ihr Vater ?chzte, als Dilek die Klinge in seine Haut drückte.
?Ich wei? nichts davon. Wirklich nicht!?
Beim n?chste Blitz, waren Verworrenheit und Verzweiflung im Blick ihres Vaters zu erkennen. Sie hatte ihn selten so gesehen. Bis jetzt hatte nur der Kaiser diesen Blick in den K?nig der Sturminseln hervorrufen k?nnen.
?Er spricht Wahrheit", wisperte sie. ?Dilek?, sagte sie etwas lauter, ?er wei? nichts.?
?Verflucht!?, schimpfte der Blonde. ?Was jetzt??
Mit pochenden Ohren überlegte Elyon, wo sie nach dieser Urkunde suchen sollte, da zitterte der Boden wieder und in der Ferne waren neben Gebrüll, die angstverzerrten Schreie von Menschen zu h?ren. Das Grollen des Urdrachens war bereits viel lauter als zuvor. Ihnen rannte die Zeit davon. In der Eile, fiel Elyon nur die geheime Kammer ein.
Elyon wandte sich von den beiden ab und rannte auf die Tür die Bibliothek zu.
?Prinzessin! Wartet!?
Als sie den hohen Raum betrat, h?rte Elyon noch, wie es hinter ihr polterte, dann schlug sie die Tür zu und lief auf die andere Seite der Bibliothek zu, wo die Tische standen und hechtete unter dem, der ganz rechts stand auf die Holzkassetten der Wand zu und stie? die ?ffnung der Kammer auf. Gleichzeitig knallte die Bibliothekstür gegen ein Regal und schwere Schritte polterten durch den Raum. ?Prinzessin! Wo seid Ihr??, rief Dilek.
Jetzt bebte au?er dem Boden auch noch die W?nde, st?rker als zuvor. Mit zitternden H?nden, fühlte Elyon nach dem Korb mit den Kerzen und brachte den Docht mit einem Zündholz zum Brennen. Wieder kamen mehrere Beben hintereinander, dieses Mal so heftig, dass Elyon ihr Gleichgewicht verlor und ihr fast die Kerze von der Hand fiel. Sie landete noch rechtzeitig auf ihren Knien und mit der freien Hand auf dem staubigen Boden und k?mpfte sich vor zu den Büchern und Schriften zu, die wegen dem Beben nun alle verstreut auf dem Boden lagen.
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Elyon hustete und nieste den aufgewirbelten Staub aus und begann gerade die ersten Bücher aufzuschlagen, als Dilek seinen Kopf durch die ?ffnung steckte.
?Kerze halten!?, rief sie. Sofort zw?ngte Dilek sich in die Kammer und kroch auf sie zu. Elyon drückte ihm die Kerze in die Hand, schob die Bücher zur Seite und suchte nach losen Bl?ttern in dem verstreuten Haufen. Da entdeckte sie die schummerigen Umrisse von Papierrollen, weiter hinten im Raum. Sie lie? das Buch in ihrer Hand liegen und krabbelte auf die Rollen zu.
Wieder ruckelte der Boden und das Brüllen, das jetzt die Luft zum Erschüttern brachte, fror Elyons K?rper für einen Moment ein. Er war nahe. Sehr nahe.
?Prinzessin! Wir haben keine Zeit zu suchen! Die Taschen sind gro? genug um das Meiste mitzunehmen!? Dilek klemmte sich die Kerze in den Mund und griff nach dem Henkel der gro?en Tasche, die er um seinen Oberk?rper geschlungen hatte. Danach warf er sie zu Boden, holte ein paar der Etuis und Filztaschen raus und warf sie Elyon hin, dann begann er einige der Bücher und Hefte in die Tasche zu packen.
Immer wieder zitterte die Luft durch das Gebrüll und Geschrei, das von au?en in die Kammer hineindrang. Und jedes Mal schlug Elyons Herz schneller. Ihre nasse Kleidung klebte nun warm an ihrer Haut, w?hrend sie mit schwitzigen Fingern die Papierrollen in die runden Etuis packte.
Sobald sie fertig war, kraxelte Elyon zurück zu Dilek und stopfte alles in die gro?e Tasche, die bereits zum Bersten gefüllt war.
Gerade als Dilek und Elyon die Lederetuis in die Tasche gezw?ngt hatten, erschütterte ein ohrenbet?ubender Krach die ganze Burg. Das Brechen von Gestein und Holz war so laut, dass Elyon schnell die H?nde über ihre Ohren presste, als die Wand und der Holzboden heftig ruckelten. Die ersten Holzdielen hielten nicht mehr stand und begannen auseinander zu rei?en. Staub und Gestein prasselte auf sie herunter.
?Vorsicht!?, rief Dilek.
Elyon riss ihren Kopf hoch. Die Balken der Holzdecke brachen und fielen auf sie zu. Dilek warf sich schützend über sie. Der Krach und das Beben h?rten nicht mehr auf und ein lauter, pfeifender Wind stimmte mit in den L?rm ein.
Im n?chsten Augenblick, spürte Elyon weiches Fell an ihrer Wange. Sofort klammerte sie sich daran fest, der lange K?rper l?ste sich von ihr und ihre Sicht war nun frei, dass sie ein riesiges Loch in der Wand neben ihr entdeckte, das immer mehr auf br?ckelte. Sie verlor den Halt unter den Fü?en, als der Boden begann unter ihr wegzubrechen.
Dilek brüllte vor Schmerzen, dann verdeckte sein breiter K?rper wieder die Sicht auf das was geschah und alles, was sie h?rte, war eine Kakophonie von Brechen, Donnern, Brüllen und Geschrei. W?hrenddessen wirbelte der Wind den Staub auf und blies ihnen kalte Regentropfen durch das Loch entgegen.
Dann, für einen kurzen Moment, schwebte Elyon in der Luft. Fast glitten ihre H?nde von Dileks Fell ab. Sie packte fester zu und im als N?chstes wurde sie davongezogen. Elyon schloss die Augen, damit keine Trümmerteile hineingelangten. Etwas Warmes, Dickflüssiges spritzte ihr entgegen, w?hrend sie an Dileks Seite hing und er sie in die stürmische Nacht hineinflog.
Etwas von der warmen Flüssigkeit landete auf ihren Lippen und der Geruch von Blut kroch ihr in die Nase. Sie konnte kaum um sich blicken, da Dileks schl?ngelnde Bewegungen drohten, sie davon zu schleudern, doch zwischen den Blitzen am Himmel entdeckte Elyon mehrere Blutspuren auf den wei?en Drachenk?rper.
Als sie wieder über dem Wald flogen, hielt Dilek an und streckte mit einem gurrendem Ger?usch seinen Kopf zu seinem Bauch, wo Elyon hing. Schnell stütze sie sich an seiner Seite ab und sprang auf seinen Nacken zu. Sie packte, bevor sie abrutschen konnte, nach seinem Halsfell, zog sich hoch und setzte hinter seinen Ohren auf.
Mit einem kurzen Blick, vergewisserte Elyon sich, dass die Tasche um Dileks breiten Hals hing, erst danach zog sie einmal an seinem Fell und Dilek flog auf den Haupthafen der Insel zu.
Als Elyon einen Blick zurückwarf, wurde für einen Augenblick alles stumm. Ihre Augen konnten nichts mehr sehen, au?er der kolossalen Gestalt die vor dem eingekrachten Turm der Burg stand. Es hatte grüne, leuchtende Augen, wie die einer Schlange. Eine Schnauze, die einem dunklen Schnabel glich und in schwarzes Fell überging, knapp unter den riesigen Augen. Sein ganzer K?rper war schwarz und selbst im Regen, standen einige Fellstr?nge ab, der ebenfalls mit einer gl?nzenden, klebrigen Flüssigkeit übers?t war. Die Gleiche tropfte wie ein Wasserfall aus seinem Maul heraus, w?hrend das Biest mit seinen riesigen Krallen die Burg auseinander riss. Um ihn herum zischte und gluckerte es, wo sein K?rper schwarze Spuren hinterlie?.
Da l?sten sich die grünen Augen von der Burg und starrten sie an. Elyons Herzschlag setzte aus. Dann l?sten sich auch schon die Pranken des Urdrachens von der Burg und er setzte sie langsam auf den Boden ab. Mit funkelnden Augen bewegte er sich auf sie zu.
Elyon starrte entsetzt auf Dilek, der nur auf der Stelle schwebte, den Kopf fast regungslos auf den Urdrachen gerichtet.
?Dilek! Flieg! Flieg!? Sie zerrte an seinen Ohren. Dilek schüttelte seinen Kopf, drehte sich von dem Drachen weg und zischte los. Sie flogen gerade über die Burgmauern, hinter denen die Stadt lag, als etwas auf sie zuschoss. Elyon spürte den Einschlag auf Dileks K?rper, der sie nach vorne schleuderte. Dileks Brüllen zerriss die Luft und er taumelte in der Luft, nur um dann mit schlaffen K?rper in Richtung der D?cher zu fallen. Sofort zog Elyon wieder an seinen Ohren, dieses Mal nach unten, bis sein Kopf auf die brodelnden Wolken zeigte, doch Dilek fiel weiter. Hinter ihnen brachte ein dr?hnendes Gebrüll die Regentropfen zum Zittern.
Dilek landete mit den Pfoten auf einem Dach, stie? sich mit einem schmerzverzerrtem St?hnen daran ab und sprang wieder hoch in die Luft. Doch seine Flugbewegungen waren angespannt, immer wieder verlor der wei?e Drache an H?he. Er bl?hte mit einem Zischen seinen K?rper auf, doch es reichte nur kurz aus, dann senkte sich sein K?rper wieder gen Boden.
Nun flogen sie dicht über den Hafen und Elyon konnte deutlich die Menschen erkennen, die mit panischem Geschrei auf die Schiffe zuliefen. Dilek sauste zwischen zwei halb gefüllte Dreimaster, vorbei an den schl?ngelnden Drachen über ihnen, die sie keines Blickes würdigten. Dilek japste und grunzte abwechselnd, w?hrend er immer wieder den Kopf hochriss und seinen K?rper aufbl?hte, im verzweifelten Versuch, wieder an H?he zu gewinnen. Doch sie kamen dem Meer immer n?her.
Schlie?lich erschlaffte sein K?rper und sie landeten im eiskalten Wasser. Elyon krallte sich fester an seinem Fell fest, doch die Wellen stürzten auf sie. Das Meer riss sie auseinander und drückte Elyon mit gewaltiger Kraft in die Tiefe.
Wasser zw?ngte sich in Elyons Mund hinein. Sie versuchte den Mund zu schlie?en, doch es war unm?glich. Das Meer drang unbarmherzig in ihren K?rper hinein, der Elyon sofort dazu zwang, einen Atemzug zu nehmen, wodurch nur noch mehr Wasser in ihr hineindrang. Ein furchtbarer Druck drohte, Elyon zu zerrei?en. Das Salzwasser brannte in ihrem Mund. Elyon strampelte panisch auf das wei?e Leuchten, das immer wieder über ihr zuckte zu, w?hrend Lungen und Magen zu bersten drohten. Da packte sie etwas um den Bauch. Spitze Z?hne drückten sich in Elyons Haut hinein und zogen sie hoch.
Sobald sie durch die Wasseroberfl?che brachen, spuckte und hustete Elyon das salzige Wasser aus. Ihre Lungen brannten, sie schnappte nach Luft, doch das schmerzvolle Ziehen schien nur schlimmer zu werden. Immer wieder brachen Wellen auf sie ein und sie schaffte es kaum, zu Atem zu kommen.
Wieder zitterte die Luft von dem Gebrüll des Ungeheuers. Würgend versuchte Elyon einen Blick auf die Insel zu erhaschen. Sie konnte nur eine riesige Gestalt erkennen, die gerade von den ?stlichen Klippen in das Wasser tauchte, ehe die n?chste Welle sie unter die Oberfl?che drückte.
Ihre Arme und Beine k?mpften im Wasser, obwohl sie fest in Dileks Maul hing. Seine Z?hne stachen tiefer in ihre Haut, der Schmerz zuckte durch ihren Rumpf. Doch dann verging er pl?tzlich. Ihre Gedanken vernebelten sich. In ihren Ohren h?rte sie nur noch ihr eigenes Blutrauschen und Elyon bekam gerade noch mit, wie Dilek sich aus dem Wasser stie?, bevor eine Ohnmacht sie überw?ltigte.