Das kann doch wohl nicht dein Schei? Ernst sein! Okay, vielleicht sollte ich erst der wütenden K?mpferin meine Mission erkl?ren, bevor ich mich bereits mit dem n?chsten Problem besch?ftige.
“Du bist also der Meinung, dass die Rettungsmission zum Scheitern verurteilt ist” schlussfolgert schlie?lich Sophie. “Soweit würde ich jetzt nicht unbedingt gehen. Allerdings scheint es auch keine einfache Angelegenheit zu werden.” Das System macht bekanntlich selten Scherze. Wenn die Nachricht sagt, dass es Tote geben wird, dann sollte man diese Vorhersage besser Ernst nehmen.
“Dann sollten wir schleunigst zum Camp zurück, um mehr Leute zu rekrutieren. Ralf wird das zwar nicht gefallen, aber nur so werden wir gr??ere Verluste vermeiden k?nnen”, schl?gt Sophie vor. “Klingt nach einem guten Plan”, gestehe ich. “Jedoch schl?gt dann meine Mission fehl.” “Stellst du gerade wirklich ein paar Erfahrungspunkte über Menschenleben?” “Für wen h?ltst du mich denn? Ich will auch nicht Leute mitten im Nirgendwo krepieren lassen, aber wir sollten die Hinweise nicht ignorieren. Das System will mich eindeutig vom Camp fernhalten. Zus?tzlich gelten wir nun als “Abenteurer in Not”, obwohl uns gerade nicht mal eine Fliege auf die Pelle rückt. Nenn mich gerne einen Schwarzmaler, aber irgendetwas ist hier faul.” Die K?mpferin l?sst sich meine Argumentation durch den Kopf gehen und seufzt schlie?lich: “ Wie lange nochmal bleibt dir um ein Versteck zu finden?”
Mit diesen Worten machen wir uns auf den Rückweg. Es sind noch etwas weniger als 70 Minuten bis die Nacht über uns hereinbricht. Wir sollten uns also entsprechend ranhalten.
Auch wenn ein Gro?teil der Anwohner gerade glücklicherweise anderswo besch?ftigt ist, zeigt sich der Rest nicht unbedingt gastfreundlich. Fairerweise empf?ngt Sophie die Spinnen ebenso rabiat. Egal ob es drei oder sieben Kreaturen gleichzeitig sind, sie alle machen Bekanntschaft mit dem Gro?schwert der K?mpferin. Mein Anteil an diesem Massaker besteht haupts?chlich aus weglaufen oder zu versuchen, die Biester mit einem Stock auf Abstand zu halten. Mir ist zwar bewusst, dass man einen Zauberstab im Notfall auch als Knüppel benutzen kann, doch das Risiko ist mir zu gro?. Eine zerbrochene Waffe geh?rt nun wirklich zu den Problemen, auf die ich im Moment dankend verzichten kann.
Trotz meiner bescheidenen Leistung regnet es f?rmlich Erfahrungspunkte. Eine Level 48 Wimmerspinne gew?hrt mir 1270 Erfahrungspunkte, w?hrend ein Rang 2 Level 8 Exemplar stolze 2120 Punkte bei ihrem Tod ausspuckt. Reich scheint man aber im Wimmerwald nicht zu werden. Wie mir Sophie verr?t, gew?hren die Biester unabh?ngig von ihrem Level zwei Sil im ersten und vier Sil im zweiten Rang. Aus diesem Grund l?sst man sich im Reich der Spinnen auch nur auf systemgebundene Gruppen ein, wenn es unbedingt erforderlich ist. Auch wenn ich wirklich niemanden empfehlen kann, in diesem Wald seinem Gildenkollegen beim leveln zu helfen, so ist diese Methode doch zweifelsohne effektiv.
Für den Wimmerwald sind unsere Scharmützel allerdings kaum der Rede wert. Viel friedlicher als im Moment wird es hierzulande wohl nicht werden. Somit bleibt mir genug Zeit, um mich nach guten Verstecken umzusehen. Eine Baumkrone erscheint mir zun?chst als tendenziell reizvoll. Immerhin werden die Spinnen ja wohl kaum in den Wipfeln nach Beute Ausschau halten. Vielleicht liege ich mit dieser Einsch?tzung aber auch v?llig falsch, weshalb ein Versteck ohne Ausweg keine besonders gute Idee w?re. Eine andere, naheliegende Option w?re, mich in einer H?hle oder einer Felsspalte zu verstecken. Allerdings bauen die Tiere an solchen Orten ihre Nester, weshalb man beim Auskundschaften ?u?erst vorsichtig vorgehen sollte. Da aber weder Sophie oder ich über entsprechende Kenntnisse oder Fertigkeiten verfügen, f?llt diese Idee auch ins Wasser.
Laut der Mission bleiben mir nur noch 45 Minuten bis die Sonne untergeht. Das Tageslicht ist bereits deutlich schw?cher, aber noch sehe ich ausreichend gut. Unsere Suche war bisher nicht von Erfolg gekr?nt. Sophie hat einen umgestürzten Baum ausfindig gemacht, welcher ein ziemlich gutes Versteck abgegeben h?tte. Allerdings befand sich auch unweit des toten Holzes eine H?hle, weshalb mir auch diese M?glichkeit zu riskant war. So ganz ohne Schrammen bin ich aber inzwischen auch nicht mehr. Zwei Spinnen haben mich einmal am linken Unterarm, beziehungsweise an der rechten Wade erwischt. Die insgesamt sechs Schaden kann ich locker wegstecken, doch das leichte Taubheitsgefühl ist l?stig.
Danke mal wieder für gar nichts liebes System! Die zus?tzlichen Erfahrungspunkte sind im Moment auch nichts weiter als ein Trostpreis. Ein geübtes Auge h?tte sicherlich schon einige gute Pl?tze ausfindig gemacht. Da wir dazu aber offensichtlich nicht in der Lage sind, bleibt mir nur noch ein eigenes Versteck zu bauen. Wimmerspinnen sind primitive Tiere, welche sich bei der Jagd haupts?chlich auf ihre Augen verlassen. Wenn ich mich also irgendwo eingrabe und tarne, sollte das doch funktionieren oder nicht?
Ich finde schlie?lich einen Platz, der für mein Vorhaben geeignet scheint. Die B?ume stehen hier mehr verteilt, weshalb mir das Mondlicht heute hoffentlich bessere Dienste leisten wird. Der Boden ist trocken und l?sst sich gut per Hand umgraben. Camp Sieben sollte ich von hier aus auch innerhalb von fünf Minuten erreichen k?nnen. Falls mein Versteck also nichts taugt, bleibt mir immer noch ein realistischer Fluchtweg.
Ohne die ganze Zeit von Spinnen attackiert zu werden, komme ich auch entsprechend gut mit meiner Kuhle voran. Sophie kümmert sich w?hrenddessen um ein paar ?ste und jede Menge Moos. Die K?mpferin kommt au?erdem auf die Idee, sich mit mir zu verstecken, was ich jedoch vehement ablehne. Irgendjemand muss schlie?lich auch ins Camp zurückkehren, um zu überprüfen wie die Rettungsmission l?uft. Sollten die Abenteurer noch nicht zurückgekehrt sein, herrscht dringender Handlungsbedarf. Eine Handvoll Leute zu verlieren ist zwar tragisch, aber in den Augen eines Campanführers nicht so schlimm. Jeder kommt schlie?lich auf eigene Verantwortung in den Wimmerwald. Falls die Spinnen sich aber dazu entscheiden, das Camp ernsthaft anzugreifen, machen sich drei Dutzend fehlende, kampfbereite H?nde sehr schnell bemerkbar.
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Mit einem Spaten w?re zwar vermutlich so viel mehr m?glich, doch ich bin mit meiner Arbeit recht zufrieden. “Bist du dir sicher, dass du das wirklich durchziehen willst?”, fragt mich Sophie. Mein erster Reflex ist ein klares Nein. Sich bei Anbruch der Dunkelheit in einem Gebiet mit unz?hligen, nachtaktiven R?ubern zu verstecken, klingt nicht gerade nach einer allzu klugen Entscheidung. Jedoch bin ich guter Dinge, dass mein Plan tats?chlich funktionieren k?nnte. Es sind aktuell keine Spinnen in Sicht und im Ernstfall nehme ich einfach die Beine in die Hand. Irgendetwas wird in reichlich zwanzig Minuten hier drau?en passieren. Ich habe keine Ahnung was genau, aber solange das Risiko vertretbar erscheint, werde ich versuchen, es herauszubekommen.
Mit gefestigter überzeugung lege ich mich in die Vertiefung. Sophie beginnt danach damit, die umgegrabene Erde über mir zu verteilen. Anschlie?end folgt eine Schicht aus Zweigen, die nochmal mit Moos überdenkt wird. “Und, was denkst du?”, frage ich sie. “Du bist bescheuert, aber man kann dich leicht für einen Teil der Landschaft halten.” “Wird schon schiefgehen”, erwidere ich sarkastisch.
Mit diesen Worten trennen sich unsere Wege und es wird still um mich herum. Die Mission zeigt noch 13 Minuten an. W?hrend es immer dunkler wird, versuche ich weiter aus der ganzen “Abenteurer in Not”-Geschichte schlau zu werden.
Offenbar lag ich ja mit meiner ursprünglichen Vermutung falsch. Neun Abenteuer haben das Camp gemeinsam verlassen, sind dann in Schwierigkeiten geraten und mussten einen Hilferuf entsenden. Das System sieht aber entweder alle oder nur einige Mitglieder dieser Gruppe nicht als Abenteurer in Not an. Vielleicht waren aber auch bereits schon zwei der Mitglieder zum Zeitpunkt unseres Aufbruches tot, was wiederum die Differenz erkl?ren würde. Wenn ich aber von Anfang an Teil der Neunergruppe war, h?tte mir das System doch unmittelbar nach Erhalt der Mission die entsprechenden Erfahrungspunkte verliehen. Allerdings hat es das nicht. Erst die Entscheidung mich von der Gruppe zu trennen, hat mir diesen Status eingebrockt.
``Widrige Umst?nde zwingen dich dazu an einer Rettungsmission teilzunehmen.” Diesen Satz k?nnte man auch als ungünstige Ablenkung vom Wesentlichen interpretieren. Du musst zwar da raus um Leuten zu helfen, aber eigentlich solltest du dich lieber auf das vorbereiteten, was dich in der Nacht erwarten wird. Nehmen wir einmal an, dass diese These richtig ist. Demzufolge w?ren dann Aufgaben eins und zwei unterschiedliche Arten der Vorbereitung auf die D?mmerung. Entweder verstecke ich mich um Ereignis X zu entgehen oder suche die Personen, welche dadurch m?glicherweise sterben werden. Bedeutet das, dass durch diesen Vorfall im schlimmsten Fall neun Leute drauf gehen oder nur diese Personen aufgrund meiner Interaktion gerettet werden k?nnen? Allerdings geraten diese Menschen nur dann “in Not”, wenn sie eine gewisse Entscheidung treffen. Wie zum Henker soll ich also herausfinden, wer m?glicherweise diesen Status erhalten wird?
Die Meldung des Systems bringt mich zurück in die Wirklichkeit. Regungslos warte ich gespannt auf was auch immer nun passieren wird. Allerdings fallen in den n?chsten Minuten weder glühende Gesteinsbrocken vom Himmel, noch ersp?he ich eine Spinne in den Dimensionen eines Ogers. Trotzdem dauert es nicht lange, bis die erste Wimmerspinne durch mein Sichtfeld huscht. Wo eines von diesen Biestern unterwegs ist, sind seine Kollegen nie allzu weit entfernt. Stück für Stück füllt sich die freie Fl?che mit neuem Leben.
Positiv gesehen scheint meine Tarnung prima zu funktionieren. Ich bin den Tieren so nah, dass ich einige von ihnen praktisch streicheln k?nnte. Wenn die Biester nicht so gef?hrlich w?ren, dann h?tte die Szenerie definitiv einen gewissen Reiz. Jedoch sind nachtaktive Wimmerspinnen nichts Au?ergew?hnliches. Das System hat diese Warnung ja wohl sicherlich nicht nur wegen ein paar Spinnen aufgegeben. Ein entfernter Schrei l?sst mich pl?tzlich aufhorchen. Wie ein Wirbelsturm sausen in den n?chsten Sekunden zahlreiche Schatten an mir vorbei. Offenbar steht eine weitere Schlacht auf Leben und Tod an. Auch keine bahnbrechende Erkenntnis, welche meine Anwesenheit hier drau?en erfordert. Vielleicht befindet sich mein Versteck einfach an der falschen Stelle? Immerhin ist die Aussage, sich besser an einem guten Platz zu verstecken, ziemlich vage. Allerdings halte ich es für zu früh, um bereits aufzugeben.
Meine Augen haben sich mittlerweile an das Mondlicht gew?hnt. Aktuell kann ich vier Spinnen erkennen, die allerdings ziemlich entspannt wirken. Wesentlich weniger entspannend ist jedoch die zunehmende Ger?uschkulisse. Die Wimmerspinnen bei einem Kampf zu beobachten ist bereits verst?rend. Jedoch nur den verschiedenen Ger?uschen lauschen zu k?nnen, produziert gruselige Bilder in meinem Kopf.
War das da gerade ein umfallender Baum? Wie zum Teufel haben die kleinen Kerlchen das denn bewerkstelligt? Kurz darauf schlie?en sich auch die letzten Spinnen dem Kampf an. Wenig sp?ter zischt auf einmal ein Schatten an mir vorbei und kracht in einen Baum. Sprachlos starre ich auf die überreste des armen Gesch?pfes. Die Gewinner der Schlacht treten mit langsamen Schritten in das Mondlicht. Ritterspinnen haben bis auf die Anzahl der Beine nur wenig mit ihren heimischen Artgenossen gemein. Statt auf Masse und Gift setzten diese Biester vollst?ndig auf ihre Kraft und Robustheit.
Bisher scheinen aber auch sie meine Anwesenheit nicht bemerkt zu haben. Gegen Ritterspinnen kann ich jedenfalls vergessen, das Camp in einem Stück zu erreichen. Dafür müsste man zun?chst einmal den dichteren Teil des Waldes erreichen und das erscheint mir ziemlich unrealistisch. Von meiner Position aus kann ich sechs Vertreter dieser Spezies erkennen. Im Schutz der Nacht k?nnten sich jedoch noch zahlreiche weitere Exemplare verstecken. Mir l?uft es kalt den Rücken runter. Ritterspinnen sind eher Einzelg?nger. Solche Kreaturen schlie?en sich nur gegen einen überm?chtigen Feind oder im Falle einer gro?en Jagd zu Gruppen zusammen. Ist es dieser Anblick, den mir das System zeigen wollte? Falls ja, dann k?nnte das wirklich eine ?u?erst unruhige Nacht werden.