Statt das Wohnzimmer der Gilde weiter nur für uns zu beanspruchen, ziehen Marco, Herr Pilkowski und ich uns ins Arbeitszimmer des Bogenschützen zurück. Der Vizepr?sident der Magierakademie von Turbingen weiht uns anschlie?end in die Erkenntnisse seiner letzten Tage ein. Neben den aufschlussreichen Informationen ist aber vor allem Marcos Verhalten interessant. Die Gegenwart des Magiers bereitet ihm Unbehagen. Wenn er k?nnte, würde er ihn wohl augenblicklich vor die Tür setzen. Das Marco von dieser Aufforderung absieht spricht B?nde.
Torben Lang 13:29 Uhr: Ist Herr Pilkowski ein Rang 4?
Marco hat meine Nachricht unmittelbar gelesen und fixiert mich für einen Moment.
Marco Sira 13:29 Uhr: Stell ihn dir als Fürsten ohne Titel vor.
Nur mit Mühe kann ich ein lautes Fluchen unterdrücken. Mir war zwar unterbewusst klar, dass man als Vizepr?sident einer Magierakademie kein kleines Licht sein kann, aber ein Quasi-Fürst? So jemand kann mit einem Satz dein Leben ruinieren . Nach meinem Besuch im Warscher-Anwesen habe ich mich bezüglich der R?nge von Adligen bei Maria erkundigt. Fürsten sind die Vorgesetzten von Baronen einer ganzen Region. Wir sprechen hier von hunderten Kilometern an Land. Sie sind nur noch den drei Herzogtümern und in letzter Instanz schlie?lich dem K?nig unterzuordnen. Auch wenn sie damit noch nicht dem Hochadel zuzuordnen sind, ist ihr politisches Gewicht betr?chtlich. Kein Wunder also, dass die Anwesenheit einer Person dieses Kalibers Marco so nerv?s macht.
“Entschuldigung Sir, aber ich verstehe nicht so recht, wie ich ihnen weiterhelfen soll. Meine Bekanntschaft mit Herrn K?hler ist bestenfalls flüchtig. Falls sie also mehr über den H?ndler herausfinden wollen, sind sie bei mir leider an der falschen Adresse.”
Herr Pilkowski winkt l?ssig ab: “Dessen bin ich mir bewusst. Nach meiner Ankunft in Torfbergen hat mir der Baron freundlicherweise die Anschrift von Herrn K?hler organisiert. Dort habe ich den H?ndler auch angetroffen. Allerdings sind Opfer des Schwarzen Schmetterlings leider nicht mehr besonders gespr?chig.”
“Er hat sich mit seinen eigenen Drogen umgebracht?”, fragt Marco ungl?ubig nach. "Faszinierend oder nicht?”, bemerkt der Magier. “Wenn meine Theorie richtig ist, dann war Herr K?hler ein Mittelsmann. Seine Aufgabe war es, weitere H?ndler für die Sache zu gewinnen. Sp?testens nach den ersten Toten sollte ihm die Wirkung der Droge bewusst geworden sein. Warum sollte so jemand skrupelloses also pl?tzlich Selbstmord begehen? Angst entdeckt zu werden, kann es jedenfalls nicht gewesen sein. Immerhin tapeten wir vor einer Woche noch komplett im Dunklen.
Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Strippenzieher nach den ersten Meldungen kalte Fü?e bekommen hat. An den Handgelenken und Fü?en des Toten sind deutlich Fesselspuren zu sehen. Jemand hat also den H?ndler überw?ltigt, geknebelt und die Droge eingefl??t. Sieben Tage sp?ter hat der T?ter nur noch die Seile entfernt und schon hat sich eine m?gliche Schwachstelle in Luft aufgel?st. Als n?chstes habe ich dann bei dem Wohnsitz seines Mitarbeiters vorbeigeschaut. Wenig überraschend bin ich dort auf die n?chste Leiche gesto?en.
Meine Hoffnung ist nun, weitere Kunden Herrn K?hlers aufzuspüren und dabei auf eine neue Spur zu sto?en. Leider führen Kriminelle selten Buch über ihre zweifelhaften Machenschaften. Es hat mich fast eine halbe Stunde gekostet, die Route seiner letzten Reise in Erfahrung zu bringen. Man konnte sich zwar nicht mehr an alle Mitglieder dieser Unternehmung erinnern, wohl aber an den Magier der Sira-Gilde. Folglich bin ich nun hier.”
Der Magier l?sst eine unscheinbare, quadratische Holzkiste erscheinen: “ Kommt ihnen diese Box zuf?llig bekannt vor Herr Lang?” Nun ist mir Einiges klar. Logischerweise kann ich mich nicht mehr an alle n?chtlichen Besuche des H?ndlers erinnern. Ein paar Adressen sollte ich dennoch wiederfinden k?nnen. Marco ist jedoch alles andere als begeistert. Herrn Pilkowskis erkl?rtes Ziel ist es, ein Elementarfeld der Finsternis ausfindig zu machen und die Verantwortlichen der Obrigkeit zu übergeben.
Das so ein Vorhaben au?erhalb der Gewichtsklasse eines frischen Rang 2 Magiers liegt, braucht eigentlich nicht erw?hnt werden. Egal ob natürliche oder künstlich erschaffene Elementarfelder, die Dinger sind unglaublich gef?hrlich. Herrn Pilkowskis Buch zu dem Thema hat sehr anschaulich erkl?rt, was für Kreaturen in solchen Zonen hausen k?nnen. Lieber lege ich mich alleine mit einer handvoll Ritterspinnen an, als freiwillig in ein solches Feld zu spazieren. Des Weiteren werden sich die Hinterm?nner wohl kaum kampflos ergeben. Eine Auseinandersetzung zwischen hochrangigen Abenteurern kann ganze Landstriche verwüsten. Dabei als Kollateralschaden zu enden ist also gar nicht so unwahrscheinlich.
Dann w?re da noch die angespannte Position in Torfbergen selbst. Mich in der aktuellen Lage auf eine wochenlange Reise zu schicken, schw?cht die Verhandlungsbasis unserer Seite.
Herr Pilkowski sieht das anders: “Ich habe von den aktuellen Spannungen zwischen den gr??eren Gilden geh?rt. In meinen Augen ist das jedoch nicht mehr als S?belrasseln. Nur ein verblendeter Geist würde wegen solch einer Kleinigkeit ernsthaft zu den Waffen greifen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem offiziellen Gildenkrieg. Brauch ist den betroffenen Parteien mindestens einen Monat Vorlauf zu geben. Bis dahin sollte Herr Lang l?ngst wieder zurück sein. Au?erdem l?ge mir nichts ferner, als unvorbereitet in einen feindlichen Stützpunkt einzufallen. Ich suche nur nach neuen Brotkrumen, Herr Sira. Gerne unterzeichne ich auch einen entsprechenden Vertrag mit ad?quater Entlohnung. Im besten Fall hat ihre Gilde dabei geholfen, eine Rang 4 Bedrohung zu verhindern. Sowohl Baron Lester als auch m?glicherweise Fürst Greifswald werden so eine Leistung durchaus zu sch?tzen wissen.”
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Der Magier trifft Marcos wunden Punkt. Solch ein Angebot l?sst sich der Bogenschütze nur mit wirklich guten Gegenargumenten entgehen. Da weder ihm noch mir welche einfallen, bekomme ich zwei Stunden sp?ter meinen n?chsten Auftrag pr?sentiert.
Der Vizepr?sident hat zumindest nicht gelogen, als er von einer ad?quaten Entlohnung gesprochen hat. Die Wartezeit habe ich bereits genutzt, um meine Tasche für die Reise zu packen. Nach den letzten Tagen in der aufgeladenen Stadt freue ich mich au?erdem auf ein paar ruhige Tage in der Natur. Es ist immer sch?n, wenn man das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden kann. Meine Vorfreude h?lt exakt bis zum Passieren des Stadttores an.
Ich bleibe abrupt stehen und fixiere den Magier. “Kann ich ihnen helfen, Herr Lang?”, fragt er mich freundlich. Soviel zum Thema “ich suche nur nach neuen Hinweisen”. Am liebsten würde ich umgehend versuchen, ihm sein unschuldiges L?cheln aus der Visage zu zaubern. Mein zweiter, weniger selbstm?rderischer Impuls besch?ftigt sich jedoch mit den Implikationen der neuen Mission.
Offenbar kann ich die Aufkl?rung im Fall der neuen, t?dlichen Drogen spürbar beeinflussen. Das elementare Feld zu finden w?re ein weiterer, wichtiger Schritt. Der Text impliziert, dass mir dieses Kunststück leichter f?llt als Herrn Pilkowski. Ich gehe mal davon aus, dass es irgendwie mit meiner ver?nderten Farbwahrnehmung zu tun hat. Der hochrangige Magier war davon überzeugt, dass ich wohl Mana sehen k?nnte. Was er damit aber genau meinte, habe ich noch nicht so ganz verstanden.
Fakt ist, dass Herr Pilkowski nicht mehr die Pr?senz einer kleinen Sonne hat. Tats?chlich wirkt der Magier nun im Vergleich zu seiner Umgebung ein wenig blass. Wenn also wirklich die sichtbare Wahrnehmung von Mana meine Trumpfkarte in dieser Angelegenheit ist, so besitzt Herr Pilkowski diese Gabe nicht. Vermutlich wird er das elementare Feld auch ohne meine Hilfe irgendwie finden. Allerdings vielleicht erst Tage oder Wochen sp?ter. Was das genau für einen Unterschied macht? Keine Ahnung. Den b?sen Jungs jedoch mehr Zeit als n?tig zu geben, war für die gute Seite noch nie von Vorteil. Dem Magier auf die richtige F?hrte zu bringen war ja sowieso meine Absicht. Die H?hle des L?wen allerdings selber betreten h?rt sich immer noch nach einer Schnapsidee an. “Nichts Herr Pilkowski, ich war nur in Gedanken versunken”, erwidere ich und besteige die Kutsche.